Transport- und Logistikindustrie besonders insolvenzgefährdet

Spedition | LKW-Transport | Insolvenzgefahr

Eine aktuelle Auswertung des Informationsdienstleisters CRIF zeigt, dass über 300.000 Unternehmen in Deutschland derzeit finanzielle Probleme haben. Besonders gefährdet: die Transport- und Logistikindustrie.

Für die Analyse hat CRIF knapp 3 Millionen deutsche Unternehmen hinsichtlich ihrer Finanzkraft beziehungsweise Kreditwürdigkeit untersucht. Dazu gehören unter anderem Angaben in den Umsatzzahlen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Bilanzen, Zahlungserfahrungen oder gerichtliche Negativmerkmale.

Die Anzahl der finanzschwachen Unternehmen stieg im November 2022 laut Analyse im Vergleich zum März 2022 um 15,6%. Demnach haben derzeit über 301.000 Unternehmen beziehungsweise 10% der Firmen in Deutschland ein erhöhtes Insolvenzrisiko.

Der Geschäftsführer von CRIF-Deutschland meint dazu: “Die bestehenden Probleme in den Lieferketten, die hohen Energiekosten und die Inflation machen vielen Unternehmen zu schaffen. Hinzu kommt die Konsumzurückhaltung bei den Verbrauchern, die aufgrund der Inflation und der hohen Energiepreise weniger Geld zur Verfügung haben. Die resultierenden Kaufkraftverluste belasten die Unternehmen ebenfalls.”

Besonders betroffen sind die energieintensiven Branchen

Aktuell sind vor allem energieintensive Branchen insolvenzgefährdet. Neben den viel zitierten Bäckereien gehören auch die Papierhersteller, die Keramik- und Glasindustrie oder die Transport- und Logistikindustrie sowie die Speditionen dazu. Aufgrund der Energiekrise ist auch das Handwerk besonders insolvenzgefährdet. Hinzu kommen Unternehmen aus der Getränkeherstellung, der Gastronomie, Friseursalons sowie Garten- und Landschaftsbauer. In diesen Branchen gab es bereits im Jahr 2022 zum Teil deutliche Anstiege bei den Firmeninsolvenzen.

CRIF weiter: “Aktuell gehen wir von 14.500 Firmeninsolvenzen im Jahr 2022 aus. Das ist ein Plus von 3,6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum”. CRIF erwartet auch 2023 mehr Insolvenzen. Die Prognose geht für das Jahr 2023 derzeit von 17.000 Firmeninsolvenzen aus – ein Plus von 17,2% im Vergleich zum Jahr 2022.

Anteil insolvenzgefährdeter Unternehmen steigt um 15,6%

Beim Blick auf die regionale Verteilung der Firmen mit hohem Insolvenz- beziehungsweise Zahlungsausfallsrisiko zeigen sich große Unterschiede. In absoluten Zahlen stehen Nordrhein-Westfalen (65.360), Bayern (37.063), Baden-Württemberg (33.675) und Niedersachsen (26.278) an der Spitze der Statistik der Bundesländer mit den meisten finanzschwachen Unternehmen. Im Saarland (3.002) und in Bremen (2.998) gibt es absolut gesehen vergleichsweise wenig Firmen mit einem erhöhten Zahlungsausfallrisiko.

Bezogen auf die Firmendichte geht die höchste Insolvenzgefahr derzeit jedoch von Unternehmen in Sachsen-Anhalt aus. Aktuell sind 18,1% der Unternehmen dort in einer finanziellen Schieflage und somit von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit betroffen. Aber auch in Berlin (14,8%), Sachsen (14,5%) und in Bremen (14,4%) sind deutlich mehr Unternehmen von einer Insolvenz bedroht als im Bundesdurchschnitt. Prozentual betrachtet geht ein geringeres Risiko von Unternehmen in Bayern aus. Hier gelten nur 6,5% der Unternehmen als finanzschwach.

In 15 Bundesländern ist die Zahl insolvenzgefährdeter Unternehmen seit März 2022 angestiegen. Am stärksten in Bremen mit einem Plus von 41,4%. Deutlich mehr insolvenzgefährdete Unternehmen gab es auch in Berlin (plus 30,3%), Thüringen (plus 26,4%) und in Hamburg (plus 23%).

Typische Verhaltensmuster für eine drohende Insolvenz

Es gibt in der Praxis typische Verhaltensmuster, die frühzeitig auf eine prekäre Situation von Unternehmen hinweisen:

  • ein deutlich reduziertes Bestellverhalten
  • eine schlechtere Zahlungsmoral
  • Zahlungen werden durch ungerechtfertigte Mängelrügen hinausgezögert
  • es werden häufig Rechnungskopien angefordert
  • mündliche Zusagen werden gebrochen
  • eine häufige Änderung in der Geschäftsführung, Bankverbindung oder Firmierung
  • Unternehmen leisten sich keine Neuanschaffungen und nutzen veraltete Produktionsanlagen
  • Verbrauch von Eigenkapital über Jahre hinweg
  • die mehrfache Erhöhung der Kreditlinie (Fremdkapitaleinsatz)

Spedition SPEWIE sieht sich für die Krise gut gerüstet

Simon Wiesholler, Geschäftsführer der SPEWIE Spedition Wiesholler GmbH aus Holzkirchen bei München, sieht die Situation mit gemischten Gefühlen. In der eigenen Firma habe man vorausschauend geplant und stehe deshalb unverändert auf einem soliden unternehmerischen Fundament. Die heutige Krisensituation sei ja in so mancher Hinsicht voraussehbar gewesen, so Wiesholler. Zu einer gewissen Belastung sei jedoch die gestiegene Unsicherheit bei der Zahlungsmoral und Zahlungsfähigkeit einiger Kunden geworden. In Zeiten wie diesen müsse man schon besonders aufpassen, dass die Außenstände nicht zu hoch werden und dass man säumigen Zahlern rechtzeitig auf die Füße steigt.

Insgesamt betrachtet sieht Wiesholler aber auch die positiven Aspekte einer solchen Krise. Die lange Zeit des billigen Geldes habe viele unvorsichtige Kaufleute zu letztlich unsinnigen Investitionen verführt. Dafür müsse jetzt die Zeche bezahlt werden. Der derzeit stattfindende Bereinigungsprozess wird schwache Unternehmen aus dem Markt drängen und wird dazu führen, dass suboptimal allokierte Produktionsfaktoren wieder besser eingesetzt werden.

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